Das Regelbuch

Bridge-Rugby ohne Helm

Jeder hat das Umfeld, was er verdient.

Bei der Zusammensetzung der verdienstvollen Menschen in der engeren oder weiteren Umgebung der eigenen Familie ist die Auswahlmöglichkeit begrenzt.
Oder, um es im Bridge-Wortschatz zu sagen: limitiert.

Die Auswahlmöglichkeit im Freundeskreis ist wesentlich größer.
Oder, um noch einmal das Bridge-ABC zu zitieren: unlimitiert.

Doch bevor man jetzt in den irrwitzigen Wortschatz sonstiger Bridge-Begriffe auch nur annäherungsweise versucht einzusteigen, einige grundsätzliche Vorbemerkungen:

Jeder hat es in seinem Umfeld mit einigen Masochisten zu tun.

Einer der schwereren Fälle von Masochismus ist dann gegeben, wenn jemand bittet, ihm Bridge zu erklären.

Dieses Verlangen resultiert aus einer typischen Grundeinstellung:

Sagt der Masochist zum Sadisten: „Quäl mich!“ – Und dessen Antwort lautet: „Nein!“

Es hat unzählige Versuche gegeben, den mit großen fragenden Kinderaugen um einen Bridge-Tisch herumstehenden Besuchern zu erklären, was da grade passiert.

Hier nun ein weiterer Versuch:

Bridge wird von den Spielern als Sport verstanden.
Deswegen sollte man Bridge auch direkt mit anderen Sportarten vergleichen.

Bridge ist am einfachsten mit Rugby zu vergleichen.
Der einzige Unterschied ist, dass die Rugby-Spieler einen Helm tragen.

Nun sind aber auch die Rugby-Regeln genauso unverständlich wie alle Bridge-Regeln.

Deswegen ist es angebracht, das Bridge-Regelwerk mit der Sportart zu vergleichen, die weltweit am populärsten ist – dem Fußball.

Damit schließt sich der Bogen dieser Einführung, wir kommen jetzt direkt zum Bridge-Erklären mithilfe eines Fußballspiels.

Die Turnierleiter

Was beim Fußball der Schiedsrichter ist, ist beim Bridge der Turnierleiter.

Wenn eine Mannschaft auf dem grünen Rasen mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist, kann es vorkommen, dass sie geschlossen das Spielfeld verlässt und irgendwohin in die weitere Umgebung ausströmt.

Bevor sie völlig aus dem Blickfeld aller Anwesenden entschwunden ist, wird der Turnierleiter gerufen.
Sie stellt sich an die Hauswand des Clubhauses und wird dann aufs Dach gezogen.

Jeder Turnierleiter ist sehr flexibel.
Sobald sie auf dem Dach des Clubhauses steht, wird sie in der Mitte geteilt und steht dann auf zwei Beinen, sodass man sie von beiden Seiten besteigen kann, um in der Mitte am höchsten Punkt nach der davon eilenden Mannschaft zu suchen.

Hat der Turnierleiter die Mannschaft gerade noch entdeckt, wird sie zurückgepfiffen und das ganze wird verhandelt.

Je nachdem, ob der Vorfall am Vormittag, am Nachmittag oder am Abend stattgefunden hat, wird die Mannschaft entweder disqualifiziert, mit einem Unentschieden bedacht oder zum Sieger erklärt.

Der Entscheidung der Turnierleiter muss immer gefolgt werden, Widerspruch gibt schwarze Punkte auf dem Mannschaftswunschzettel.

Das Opfer-Spiel

Menschen sind Individualisten.
Entsprechend ist auch die Spielstärke jedes Paares oder jeder Mannschaft unterschiedlich.

Deshalb haben sich – genau wie in der Tierwelt – auch im Fußball Entwicklungen ergeben, wo das schwächere Team durch geschickten Einsatz – entweder körperlicher oder geistiger Art – es schaffen kann, die überlegene Mannschaft zu schlagen oder mindestens ein Unentschieden, bedingt durch Abbruch, zu erreichen.

Grundregel bei jedem Spiel ist, dass der gewinnt, der die meisten Tore geschossen hat.

Was aber nicht so bekannt ist, ist die Tatsache, dass der Schiedsrichter oder der Turnierleiter genau nachweisen muss, wie das Endergebnis nach Ende eines Durchgangs oder eines Spiels lautet.

Aus diesem Szenarium heraus haben zwei bekannte italienische Spieler zusammen mit einem israelischen Philosophen das sogenannte Opferspiel erfunden und entwickelt.

Das Vorgehen bei diesem Spielzug ist relativ einfach.

Die offensichtlich unterlegene Mannschaft schnappt sich den Ball und geht damit bis ungefähr einen Meter vor die eigene Torlinie.
Der eigene Torwart geht ebenfalls ungefähr ein Meter hinter seine eigene Torlinie, also in sein eigenes Tor hinein.

Jetzt beginnt der Spieler der eigenen Mannschaft, der mit dem Ball vor der Torlinie steht, diesen schnell und präzise auf seinen eigenen Torwart hin zu spielen.
Der Torwart stoppt nicht einmal den Ball, sondern schiebt ihn sofort und präzise dem Spieler zurück, von dem er den Ball bekommen hat.

Und der wiederholt das Ganze und der Torwart wiederholt das Ganze ebenfalls.
Die eigene Mannschaft hat sich inzwischen um diese beiden Spieler herum versammelt und schreit begeistert bei jeder Ballberührung irgendeine Zahl.

Diese Zahl soll an sich die Anzahl der Eigentore ansagen, die man inzwischen durch dieses geschickte Opferspiel erreicht hat.
Aber alle rufen verschiedene Zahlen zwischen eins und fünfzig durcheinander.

Also vier, beim nächsten elf, dann neun, dann zweiundzwanzig usw. und so fort.

Der Schiedsrichter ist auf diese Art und Weise schon nach weniger als einer Minute total überfordert beim Notieren und Nachkontrollieren der geschossenen Eigentore.

Er erklärt deswegen nach einer weiteren Minute die Partie für beendet, da er nicht mehr mitzählen konnte, wie viele Eigentore die schwächere Mannschaft nun eigentlich fabriziert hatte.

Das Spiel wird unentschieden gewertet.
Das Opferspiel hat funktioniert.

Weak two

Hier haben wir es mit einer ähnlichen Grundsituation wie beim Opferspiel zu tun.

Die eine Mannschaft ist der anderen in praktisch allen Belangen unterlegen.
Trotzdem – und hier wieder der Verweis auf die Regeln im Rugby – möchte niemand gerne schnell sang- und klanglos verlieren.

Früher hätte man sich solch eine Situation überlegt, den erfolgreicheren Gegner so lange in Grund und Boden zu rammen, bis kein Platz mehr auf dem Feld war für all die gerufenen Sanitäter und Rettungsfahrzeuge.

Ein Blick in das Regelwerk sowohl beim Rugby als auch beim Bridge brachte einen türkischen Trainer vor einigen Jahrzehnten auf die Idee der absoluten Gleichschaltung.

Grundsatz war auch hier die Tatsache, dass der Schiedsrichter oder der Turnierleiter den begangenen Regelverstoß genau erkennen musste, um ihn dann entsprechend zu ahnden.

Bei einer wilden körperlichen Rauferei war es manchmal schon schwierig genug, die daran Beteiligten anhand ihrer Physiognomie und ihrer Rückennummern zu erkennen und entsprechend zu bestrafen.

Bridge ist anspruchsvoller und verachtet im Prinzip jede körperliche Aggression.

Die Lösung lag auf der Hand.

Er kaufte seiner gesamten Mannschaft neue Trikots. Alle in Schwarz und ohne irgendwelche Verzierungen.
Auf die Rückseite jedes Trikots wurde in fleißiger Heimarbeit- die Türken sind immer noch bekannt für absolut saubere Hieb- und Sticharbeit – auf die Rückseite aller Trikots wurde dann eine große weiße 2 genäht.
Jetzt bestand die Mannschaft ausschließlich aus Mitgliedern mit der Rückennummer zwei.

Bei nächster Gelegenheit fingen die Mitglieder dieser Mannschaft dann eine fulminante Rauferei an.
Alle stürzen sich auf den, der gerade den Ball hatte, und begruben ihn unter sich.

Der Schiedsrichter erschien und war jetzt in einer absolut hoffnungslosen Lage.

Er begann die Rückennummer jedes auf dem Boden kämpfenden Spielers den Regeln entsprechend in sein kleines Schiedsrichter-Buch aufzuschreiben.

Innerhalb kürzester Zeit hatte er für jeden Vorfall mindestens fünf oder sechsmal die Nummer zwei notiert und war somit nach den Regeln nicht in der Lage, eine korrekte Bestrafung durchzuführen.

Niemand wird wegen der gleichen Straftat zweimal verurteilt.
Es muss im Gegenteil sichergestellt sein, dass immer nur derjenige zur Rechenschaft gezogen wird, der als Täter klar identifiziert und überführt werden konnte.

Die schwächere Mannschaft bestand nur aus Spielern mit der Nummer 2 – sie konnte machen, was sie wollte, sie konnte nicht bestraft werden.

Diese Spielvariante wird seit dem Weak Two genannt und erfreut sich steigender Beliebtheit.

Der Revoke

Diese Spielvariante kommt aus Nordamerika.
Er bedeutet in der dortigen Sprache so etwas wie Zählen und noch mal zählen und noch mal zählen. Eine korrekte Übersetzung ins Deutsche gibt es bis heute nicht.

Erstmals eingesetzt wurde diese Taktik bei einer überregionalen Rugbymeisterschaft, wo eine neue Regel erprobt werden sollte.

Sie sollte dazu dienen, dass, falls eine Mannschaft einen größeren Fehler beging, diese Mannschaft bestraft werden sollte dadurch, dass einer ihrer Spieler den Platz verlassen musste.

Also dem Fußballspiel entsprechend ein klarer und einfacher Fall von Platzverweis.

Um aber den nach Kompliziertheit dürstenden Rugby- und Bridgespielern entgegenzukommen, wurde diese Regel kurzfristig erweitert:

Dafür, dass ein Spieler den Platz verlassen musste, durften zwei andere Spieler den Platz neu betreten.

In dem Regelwahn der Gelehrten, die für jede Änderung ein Buch schrieben ähnlich eines neuen Testaments- in ihrem Eifer also vergaßen sie zu definieren, wer den Platz zu verlassen hat und wer dafür als Ersatz in doppelter Form wieder neu für seine Mannschaft eintreten durfte.
Das erste Spiel nach diesen neuen Regeln spielte sich dann folgendermaßen ab:
Die Mannschaft, die ein grobes Foul beging, wurde eines Spielers verlustig.
Der lief dann, innerlich grinsend, zur Auslinie, klatschte zwei seiner Mannschaftskameraden ab und diese beiden stürmten mit frischem Tatendrang ins Getümmel.

Bevor die andere Mannschaft irgendetwas reklamieren konnte, liefen jetzt weitere Mitglieder der ersten Mannschaft über die Auslinie und tauschten sich gegen zwei neue Kameraden ihrer Mannschaft ein.

Nach kurzer Zeit war die Spieleranzahl auf dem Platz so dominant zugunsten der einen Mannschaft, dass die andere ihre hoffnungslose Lage einsah und ihr Torwart einfach umfiel.

Das war das Signal wie beim Schach – wenn der König zu Boden fällt – dass man die Partie aufgibt.

Revoke ist seitdem eine recht komplizierte aber nicht minder erfolgreiche Variante für diejenigen, die Schwierigkeiten beim Zählen haben.

Gambling

Gambling als Spielvariante wurde ursprünglich Anfang des letzten Jahrhunderts in europäisch katholischen Gegenden gespielt.
Es hieß teilweise auch die Johann Sebastian Bach-Variante, weil Bach als größter Orgelspieler seinerzeit an Instrumenten spielte, wo die Anzahl der Pfeifen praktisch unbegrenzt war.
Richtig durchgesetzt hat sich diese Variante des Links aber – wie könnte es auch anders sein – gedanklich in der Hauptstadt der Spielcasinos, in Las Vegas.

Das Spielerparadies in der Wüste von Nevada brauchte immer wieder neue Formen, um die Spielleidenschaft der Menschen anzuheizen.

Gespielt wurde Gambling in Nevada zuerst von einem Bridge-Paar, das als extrem ordnungsliebend bekannt war.

Auch hier wieder der Vergleich zum Rugby:

Standen sich bis dahin bei Beginn eines Rugbyspiels die beiden Mannschaften in einer vorher intern festgesetzten Reihenfolge und Position gegenüber, so wurde diese Gegenüberstellung vom Erfinder des Gamblings grundlegend geändert.

Statt – wie bis dato praktiziert – zum Beispiel dem stärksten Spieler einer Mannschaft dem stärksten Spieler der anderen Mannschaft bei Spielbeginn gegenüberzustellen, hatte der Erfinder des Gamblings folgende Idee:

Er stellte seine gesamte Mannschaft der Größe nach sortiert in einer Reihe. Der größte links außen, daneben der zweitgrößte, daneben der drittgrößte usw. bis zu den beiden allerkleinsten Spielern seiner Mannschaft.

Da waren jetzt sämtliche Spieler wie die Orgelpfeifen nebeneinander aufgereiht.
Im Vergleich mit den Orgelpfeifen: Vom riesigen großen dumpfen F der Bachorgel bis zum zweigestrichenen hohen C, dem kleinsten und hellsten aller Orgelpfeifen.

Die Mannschaft, die das Spiel begann, hielt traditionsgemäß den Ball irgendwo in ihrer Reihe hinter dem Rücken, und die andere Mannschaft musste bei Spielbeginn loslaufen, um die ersten ihrer Gegner umzurennen.

Die Orgelpfeifenmannschaft hatte sich untergehakt, und da die Kräfteverhältnisse in dieser Formation sehr gleichmäßig verteilt waren, viel niemand um.

Der Ball wurde irgendwo auf dem Rücken weiterhin versteckt gehalten und man marschierte in dieser Formation gelassen, grimmig blickend und im gleichmäßigen Stechschritt über die gesamte Breite des gegnerischen Feldes bis hin zum dortigen Tor.

Die Orgelpfeifen stürzen sich alle gemeinsam auf die Touchdown-Linie- und der Ball war hinter der gegnerischen Linie versenkt.
Ein klarer Punktsieg für die Orgelpfeifen.

Das ganze hat man dann auf der Bridge entsprechend kopiert.

Man kann ein Gambling-Spiel gewinnen, wenn man von oben bis unten eine durchgehende Reihe von Karten hat, die ähnlich dieser Orgelpfeifen das Spiel machen und damit dem Gegner keine Chance lassen.

BBO- Bridge by Ossi

Zu Zeiten der DDR waren sowohl Rugby als auch Bridge offiziell verpönt und teilweise sogar verboten.

Für die Anhänger des britisch orientierten Rugbys war es in jener Zeit schwer, ihren geliebten Sport auszuführen.

Das ging nur, wenn man ganz tief im Wald spielte- und gegen mehrere 100 Jahre alte Kolonien aus dicken Eichen und Buchen zu kämpfen war schwer.

Und so verlor man nicht nur jedes Spiel gegen diese Giganten des ostdeutschen Urwalds, sondern auch den Mut und die Hoffnung auf Besserung.

Für die etwa 35 verbliebenen Anhänger des Bridges war es in der DDR nicht viel besser.

Anfangs gab es noch einige Dutzend oftmals geheime Zimmer in den kleinen Schlösschen und verlassenen Burgen am Rande der Elbe bei Dresden.

Zu Beginn der Wiedervereinigung wurden noch neun Personen gezählt, die im äußersten Winkel der Republik mit ihrem Bridge überlebt hatten.

Doch bekanntlich ist der Wille umso größer, je kleiner eine Gruppe ist.

Diese letzten Verfechter eines Denksports hatten nicht nur mit dem Unverständnis ihrer 17 Millionen Landsleute zu kämpfen, sondern auch mit der Konkurrenz der schwarzen Mafia aus Altenburg, wo seit Jahrzehnten das Kartenspiel für Bier-Krüge mit Leberwurst zelebriert wurde.

Als sich andeutete, dass die Anzahl der letzten Bridgefreunde demnächst die absolute Schmerzgrenze von drei Personen erreichen würde, setzte sich der Großvater dieser Restfamilie hin und schrieb sein inzwischen berühmt gewordenes Dresdener Manifest.

Darin forderte er die Welt auf alles zu tun, um dieses im akuten Aussterben befindliche Strategiespiel zu erhalten.

Gleichzeitig schrieb er für die Nachwelt sein privates Regelwerk auf.

Um nicht Opfer der seinerzeitigen staatlichen Kartenkontroll-Polizei zu werden, benutzte er hier erstmals seinen später berühmt gewordenen Pseudonymnamen.

Gleichzeitig gab er den restlichen Mitgliedern seiner Familie Pseudonymbezeichnungen, die zur Verschleierung ihrer wahren Identität halfen.

So erblickten dann kurz vor der Wende alle Mitglieder seiner Rest-Familie das Licht der Welt.

Mit Ossi-Boy, Ossi-Girl und Ossi-Baby konnte dann nach Einführung des Internets auch im Dresdner Waldschlösschen wieder ganz normal jeden Abend gezockt werden.

Ossi-boy als guter deutscher Unternehmer gründete dann auch noch einen Verband.

Zuerst national, kurze Zeit später dann auf internationaler Ebene.

Dieser Verband hat heute jeden Abend mehrere zehntausend Mitglieder und Spieler, die überall auf der Welt nach Ossis Regelbuch ihre Zeit totschlagen.

Ausschnitte aus diesem Regelbuch sind in den verschiedenen Abschnitten dieses Dokumentes niedergeschrieben.

Der Name seines Gründers ist in der Abkürzung seines Verbandes verewigt:

BBO (Bridge by Ossi)

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