Gruppensex für Farbenblinde
Der Name spielt keine Rolle.
Nennen wir ihn also einfach Uwe.
Über Uwe zu berichten, ohne dabei immer leicht abzuschweifen, fällt schwer.
Er ist das klassische Beispiel für jemanden, der im falschen Moment am falschen Ort das Falsche macht.
Außerdem ist Uwe kein Nazi.
Das muss hier am Anfang ausdrücklich gesagt und geschrieben werden, denn wenn man ihm begegnete oder Fotos von ihm sah, so war es klar: Das muss einfach einer aus dieser Glaubensrichtung sein.
Mit einer stattlichen Größe von irgendwo zwischen 190 bis zwei Metern und einem Muskelpaket, das er sich in jahrzehntelanger harter, körperlicher Arbeit redlich erarbeitet hatte sowie mit ziemlich totalem Haarausfall, was man entsprechend auch als Glatze bezeichnen kann – Uwe würde in jedem Comic den etwas ausgeflippten Rechtsaußen abgeben.
Obwohl er inzwischen jahrzehntelang in der Karibik lebte, behielt er eine leicht schweinsrot angehauchte Hautfarbe und mit seinen wenigen und dabei sehr hellblond angehauchten Haaren am Rand seiner ausgeprägten Kampfglatze passte alles ins Bild.
Darüber hinaus war sein bester Freund eine große, schwarze, deutsche Kampfdogge, die er stets neben sich an der Leine führte oder die vor der Tür seines Appartements lag und lauerte – das gab dem Bild den Rest.
Ich habe an anderer Stelle in einigen Berichten über unser Segeln in der Karibik schon ausführlich Uwes andere Eigenschaften beschrieben und gewürdigt, das brauche ich hier jetzt nicht wiederholen.
Uwe tappte im Prinzip von einem Fettnäpfchen ins nächste.
Er baute seine Firma auf einem Grund und Boden, der einer dominikanischen Mafia-Gesellschaft gehörte und wunderte sich, als er eines Tages dort mit einem großen Knall runtergeschmissen wurde.
Er kaufte sich eine schöne Wohnung, die die Begehrlichkeit eines anderen Mafiabosses erweckte. Und als ihm höflich mitgeteilt wurde, dass man in Kürze bei einer Polizei-Razzia in seiner Wohnung zwei Kilo Rauschgift vom Feinsten finden würde, da entschloss er sich, seine Sachen zu packen und an einem anderen Ort hier in der Dom Rep neu anzufangen.
Privat hat er ein recht interessantes, aber auf die Dauer auch irgendwie eintöniges Beuteschema.
Seine jeweiligen Begleiterinnen, die in der Wohnung und für ihn und alles andere sorgten, waren grundsätzlich klein, schlank und immer schokoladenfarbig-kaffeebraun.
Sie wechselten entsprechend der hiesigen Jahreszeit. Das heißt, einmal im Jahr ist etwas Winter und dann wurde renoviert.
Je älter er wurde, desto jünger wurden seine Erzieherinnen.
Das ist keine typisch dominikanische Eigenschaft, es gibt sie sicher in allen Teilen dieser Welt.
Einmal schien es, dass Uwe unter einer etwas behinderten Sehschärfe litt.
Er schaffte sich aber keine Brille an, sondern wechselte beim nächsten Mal nur versehentlich seine seinerzeitige Schokoladenmädchenbegleiterin in eine weibliche Begleitung, die absolut helle Hautfarbe hatte.
Das konnte nicht gut gehen.
Sie war Friseuse und er wollte mit ihr eine Friseursalonkette hier in diesem Touristengebiet aufmachen.
Sie verließ ihn, als er es ablehnte, den inzwischen vierten immer leeren – weil viel zu teuren – Touristen-Friseursalon aufzumachen und auszustatten.
Sie zog zu einem dominikanischen Polizisten und betrog diesen Revolverhelden aus lauter Langeweile aber schnell nach Strich und Faden.
Worauf der Polizist sie erschoss, um kurz darauf einzusehen, dass das ganze ziemlich sinnlos gewesen war und sich selber auch erschoss.
Die nächsten freundlichen Mädchen an der Seite von Uwe waren wieder in der richtigen Farbe.
Sollte jemand schon meine Berichte über Segeltouren hier in der Karibik gelesen haben, so wird er sich vielleicht erinnern, dass ein anderer gemeinsamer Freund mitsegelte, der wiederum mit einer sehr fleißigen deutschen Frau liiert war.
Sie hieß Michaela und stand über allen Dingen.
Über Michaela möchte ich überhaupt nichts berichten außer der Tatsache, dass sie eine Wohnung hier in diesem Ort hat. Und diese Wohnung war für mehrere Jahre an Dominikaner vermietet.
Als sie jetzt merkte, dass die Dominikaner keine Lust mehr hatten, für diese Wohnung etwas zu bezahlen, flogen sie raus und gleichzeitig wurde festgestellt, dass diese schöne Wohnung wohl inzwischen nur noch ein gut entwickelter Müllcontainer war.
Jetzt kommen noch zwei weitere Menschen hier in unserem Condominium zu ihrem Auftritt.
Der eine ist der gute Heinz.
Ein Deutscher, der genau wie wir seit bald 20 Jahren hier im Condominium lebt und eine schöne Wohnung direkt am Strand hat.
Er war und ist mit Uwe die ganzen Jahre über befreundet und nachdem Uwe weggezogen war und gelegentlich aus irgendwelchen Gründen hier in der Nähe sich aufhielt, übernachtet Uwe gelegentlich im Apartment von Heinz.
Die Nachbarn von Heinz sind ein sehr nettes Ehepaar aus Frankreich.
Sie sind inzwischen bereits fünf Jahre hier, haben ein wunderschönes Apartment neben Heinz und ich bin persönlich mit diesen beiden Franzosen befreundet.
Der Franzose war ein erfolgreicher Geschäftsmann in Paris und pflegt als Hobby das Pokerspielen im Internet.
Da die Internetverbindung hier manchmal sehr schlecht ist, habe ich ihm eine Leitung von meinem Internet, das sehr gut und stark ist, in seine Wohnung gelegt, damit er dann jeden Abend von den Zinsen seines Verlustes leben kann.
Uwe kam also zusammen mit seiner derzeitigen Schokoladenmädchenbegleiterin hier vor 2 Wochen ins Condominium und zog bei Heinz ein.
Seine Aufgabe war es, der gemeinsamen Bekannten Manuela bei der Totalrenovierung ihrer Wohnung behilflich zu sein.
Michaela kam ebenfalls hier ins Condominium, um selber bei der Renovierung mit anzupacken.
Das Apartment von Heinz ist groß und hat genügend Platz für viele Leute.
Nun ist es so, dass hier im Condominium niemand über irgendetwas mit jemandem redet.
Die Leute ziehen hier einfach in irgendeine Wohnung ein und irgendwie auch wieder aus und die Anonymität ist im Prinzip so groß, dass nur noch ein gepflegtes Getratsche übrig bleibt.
Diese Art des Zusammenlebens ist nicht nur ein Problem für unsere Wachleute, die nie ganz sicher sind, wer nun gerade in welcher Wohnung lebt oder nicht mehr lebt, sondern führt gelegentlich auch zu ziemlich absurden Situationen.
Nach ein paar Tagen schien die Messi-Wohnung von Michaela wieder ein bisschen den Normalzustand erreicht zu haben.
Die Franzosen sahen im Laufe der letzten Tage in der Nachbarwohnung große pinkfarbene Glatzköpfe – die zudem noch Deutsch sprachen – sowie kleine schokoladenfarbige Dominikanerinnen und schlussendlich noch große, stolze, blonde Europäerinnen ein und ausgingen.
Irgendwann gab’s dann wohl eine etwas bewegte Abschiedsparty im Apartment von Heinz.
Ich war an diesem Abend bei den beiden Franzosen, um deren Internet noch etwas schneller zu machen.
Irgendwie druckten die beiden ein bisschen rum.
Schließlich kam ihr Thema zur Sprache:
Was ist eigentlich in dem Nachbarapartment los?
Da gehen Menschen von so unterschiedlicher Hautfarbe ein und aus, dass sie sich aus dem Ganzen keinen Reim machen könnten.
Die Franzosen sind in solchen Fragen bekanntermaßen sehr diskret, aber auch manchmal etwas direkt.
Um die Sache zu einem für alle befriedigenden Abschluss zu bekommen, überlegte ich kurz, wie ich dieses Feiern so unterschiedlicher Hautfarben nebenan im Nachbarapartment bei Heinz erklären könnte.
Die Lang-Version analog allem, was ich hier so bisher aufgeschrieben habe, fiel weg, dazu hatte ich keine Lust.
Also blieb nur die kurze Alternative.
Ich erklärte den beiden, dass es für das, was durch die Wände und über den Balkon aus der Nachbarwohnung herüberschallte, eine einfache Erklärung gibt.
All das Kreischen, Stöhnen, Klatschen und alle sonstigen lustvollen Geräusche kann man ganz einfach erklären:
Und so lernten unsere lieben Franzosen eine neue Variante für ihren eigenen Kulturkreis. Man nennt so etwas, was da gerade nebenan passiert, hier in der Dom-Rep schlicht nur: Gruppensex für Farbenblinde.